Am 26. September war Amaya Coppens noch bei uns in Hamburg im Curio-Haus und berichtete unter anderem auch darüber, dass sie seit ihrer Freilassung im Juni dieses Jahres von Polizeikräften des Ortega-Regimes belagert wurde. In der Nacht des 14. November wurde sie nun zusammen mit 12 anderen Aktiven der Unidad Nacional Azul y Blanco (UNAB) verhaftet und in das Gefängnis El Chipote nach Managua transportiert, nachdem sie in einer humanitären Aktion Hungerstreikenden in Masaya Wasser brachten.
Die Hoffnung, dass es sich nur um eine 48-stündige Untersuchungshaft handelt, zerschlug sich im Laufe des Samstags, 16.11., wie die Tageszeitung La Prensa berichtet. Angehörigen der 13 inhaftierten UNAB-Mitglieder wurde von der Gefängnisleitung im neuen El Chipote mitgeteilt, dass sie diese erst am Dienstag sehen könnten. Nur wenige Stunden nach dieser Mitteilung erfuhren die Familienangehörigen dann, dass die Staatsanwaltschaft Anklage gegen alle der Verhafteten erheben wird. Über die Inhalte der Anklage wurde offiziell nichts bekannt, außer dass es um Vergehen von „nationaler Bedeutung“ gehe. Inzwischen soll der päpstliche Nuntius die Nachricht des Regimes überbracht haben, dass die UNAB-Mitglieder freigelassen würden, wenn der Hungerstreik in Masaya abgebrochen werde.
Die Familie von Amaya Coppens hat über einen Rechtsanwalt Berufung gegen die willkürliche Verhaftung und damit Freiheitsberaubung ihrer Tochter eingelegt. Die Inhaftierung verletzt den Artikel 33 der nicaraguanischen Verfassung, so der Anwalt.
Der belgische Außenminister Didier Reynders teilte am Samstag über Twitter mit, dass die belgische Botschaft in Panama City Kontakt mit den Behörden in Nicaragua aufgenommen hat. Amaya Coppens besitzt über ihren Vater auch die belgische Staatsbürgerschaft.
Eine Mitteilung der Articulation de Movimientos Sociales (AMS), der die sofortige Freilassung fordert und international über Twitter Verbreitung fand, informierte darüber, wie es zu der Verhaftung kam: In der Nacht des 14. November sind 13 führende Personen der nicaraguanischen Sozialbewegungen von der Polizei in Masaya verhaftet und in das neue Chipote-Gefängnis gebracht worden. Alle von ihnen sind auch Teil der Unidad Nacional Azul y Blanco.
Sie waren laut der Mitteilung nach Masaya gekommen, um sich mit den im Hungerstreik befindlichen Angehörigen, die meisten von ihnen Mütter, der immer noch inhaftierten politischen Gefangenen des Regimes zu solidarisieren und ihnen lebensnotwendiges Wasser zu bringen. Denn zuvor war in der Kirche San Miguel, in der sich die Hungerstreikenden aufhalten, durch Staatsbedienstete ihnen Strom und Wasser abgestellt worden. Zudem hatte das Regime die Kirche von Polizeikräften, Paramilitärs und Ortega-Anhängern umstellen lassen, um so jegliche Unterstützung der Streikenden mit allen Mitteln zu verhindern.
Die Verhaftung der UNAB-Mitglieder wurde, wie es der Mitteilung weiter heißt, von der Nationalpolizei Nicaraguas durchgeführt, und es gab auch Schockkräfte, die von der Sandinistischen Front im Namen des Staates Nicaragua entsandt wurden, um die solidarische Gruppe anzugreifen, die danach in die Einrichtungen des Gefängnisses, des neuen Chipote, gebracht wurde. Laut offiziellen Verlautbarungen, wie es Stunden später heißt, nachdem das Comunicado der AMS bereits international bekannt war, für eine Haft von 48 Stunden.
La Prensa berichtet über die Welle des Protests, die dieser neuerliche gravierende Verstoß gegen die Menschenrechte durch das Ortega-Murillo-Regime national und international ausgelöst hat. Das spanische Außenministerium hat am 16.11. eine Protestnote gesandt.
Vor dem Hintergrund des beschlossenen Rahmens für „gezielte restriktive Maßnahmen“ gegen einzelne Personen sowie Einrichtungen, den der Rat der Europäischen Union am 14. Oktober geschaffen hat, ist auch die Reaktion der Gruppe der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten (S&D) im Europaparlament bedeutsam.
Sie haben ihre Solidarität mit den Verhafteten erklärt und die sofortige Freilassung wie auch die Freilassung der noch weiteren über 100 politischen Gefangenen gefordert und auch auf Sanktionen hingewiesen, die seit 1. November möglich sind. Auch aus den USA kam von Albio Sires diese Forderung. Sires ist Vorsitzender des Unterausschuss für westliche Hemisphäre, zivile Sicherheit und Handel im Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten des US-Repräsentantenhaus.
Erst vor zwei Wochen hat er ein Schreiben an Finanzminister Mnuchin geschickt, in dem er darum bat, Sanktionen gegen sieben Personen des Ortega-Regimes zu prüfen. Von Sanktionen betroffen wären somit unter anderem Alba Luz Ramos, Vorsitzende Richterin am Obersten Gerichtshof, Adolfo Marenco, Sub-Direktor der orteguistischen Polizei, die Richter Julio César Arias und Henry Morales Olivares sowie der Bürgermeister von Matagalpa, Sadrach Zeledón.
Hier geht es zum Tweat und dem Artikel in La Prensa sowie zur Pressemitteilung des Rats vom 14.10.19
Tweat des belgischen Außenministers Didier Reynders
Protestnote der spanischen Regierung